Wer Strategien festlegt, muss eine Vorstellung von der Zukunft haben. Rein analytisch lässt sich das meist nicht lösen. Ein Dialog mit den Stakeholdern weist Managern den Weg in einer unübersichtlichen Welt.
Zu den Hauptaufgaben eines jeden Managers gehört das Entscheiden. Leider ist dies gerade bei strategischen Themen nicht leicht. Jeff Bezos, Gründer und CEO von Amazon, sagte einmal treffend: „Manche Entscheidungen kann man auf Grundlage einer Analyse treffen. Das ist die beste Art von Entscheidungen! Sie basiert auf Fakten. Unglücklicherweise gibt es auch diese ganzen anderen Entscheidungen, die sich letztlich nicht in eine Matheaufgabe verwandeln lassen.“
Dabei hilft nicht, dass die Welt unübersichtlicher wird. Veränderungen durch digitale Technologien, Streitigkeiten im internationalen Handel, innen- und außenpolitische Unwägbarkeiten – Strategen müssen lernen, Entscheidungen auch mit Blick auf diese neue, kaum noch vorhersagbare Welt zu fällen. Das ist meist äußerst komplex. Selbst wenn es einem Manager gelingt, eine Entscheidung in einen analytischen Rahmen zu packen, muss ihm klar sein: Er hat nur die rationalen Aspekte berücksichtigt. Die vielen emotionalen, kaum prognostizierbaren Einflussgrößen bleiben außen vor.
Ein weiterer Grund für die zunehmende Komplexität ist, dass Manager sich einer wachsenden Vielfalt von Anspruchsgruppen gegenübersehen, deren Interessen oft widersprüchlich sind und sich obendrein immer wieder verändern. Da Ressourcen – wie Investitionsmittel – begrenzt sind, kommt es zu Verteilungskonflikten. Niemand kann mehr als 100 Prozent verteilen, daher gilt die Regel: Geben Sie dem einen mehr, erhalten andere weniger. Wie können Strategen mit dieser zentralen Entscheidungsproblematik umgehen und dabei zu einer fairen Verteilung gelangen?
Unvermeidbare Kompromisse
Die Antwort ist so einfach wie schwierig: Sie müssen Kompromisse eingehen. Gehen Sie davon aus, dass Ihr Unternehmen nicht alle Erwartungen erfüllen kann. Egal wie Sie sich entscheiden, Sie werden manche Stakeholder enttäuschen müssen. Sie müssen abwägen, und das kann Managern erhebliche Kopfschmerzen bereiten. Ein Beispiel: Im Oktober 2018 musste sich Joe Kaeser, der Vorstandsvorsitzende von Siemens, angesichts der Affäre um den gewaltsamen Tod des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi entscheiden: Sollte er zur Konferenz Future Investment Initiative (FII) nach Saudi-Arabien reisen oder aus Protest fernbleiben?
Quelle: Harvard Business Manager - April 2019 https://www.harvardbusinessmanager.de/heft/d-162831762.html